Werde Yogaleth

Mit Yoga zu mehr Stabilität, Beweglichkeit und mentalem Fokus

Längst haben zahlreiche Profisportler Yoga in ihre Trainingspraxis integriert. Die Kicker rund um Manuel Neuer haben sich mit Yogaelementen auf die Weltmeisterschaft in Brasilien vorbereitet. Und auch im Ausdauersport hat Yoga Einzug gehalten. Nicht nur die Anzahl an Publikationen rund um das Thema „Yoga und Triathlon“, sondern auch die Menge an überzeugten Ausdauersportlern, die zu Yogis werden, steigt. Wer zum Yogathleten wird, ist begeistert von der ganzheitlichen Bewegungsform.

Woher kommt Yoga?

Seinem alt-indischen Wortursprung nach steht Yoga für die Vereinigung von Körper und Geist. In seiner frühen Form stand die Meditation der Yogaanhänger und erst im letzten Jahrhundert hat sich die körperliche Form des Yoga in der östlichen und schließlich auch in der westlichen Welt etabliert. Hatten am Anfang des letzten Jahrhunderts ausschließlich Männer das Privileg, Yoga als Vorbereitung für militärische Einsätze zu praktizieren, wurde Yoga in den letzten Jahren in der westlichen Welt zum Sinnbild voller Kursräume mit hyperflexiblen jungen Frauen, die sich in akrobatischen Posen auf ihren Yogamatten rekeln. Heute reicht Yoga von passiven Stilen wie dem Yin Yoga bis zum kraftvollen Power Yoga. Moderne Yogaformen verbinden die traditionellen Elemente des Yoga mit aktuellen anatomischen und physiologischen Erkenntnissen und alltagstauglicher Philosophie.

Yoga und Triathlon-Training! Geht das?

Mit Yoga als ganzheitlicher Trainingsform wird gezielt mit der körperlichen Praxis, dem Altern und mentalen Aspekten gearbeitet. Diese Elemente können über eine verbesserte Körperwahrnehmung dabei helfen, mehr Stabilität und Beweglichkeit sowie eine verbesserte Regenerationsfähigkeit aufzubauen. Meditative Formen und Atemübungen können die Gelassenheit beim Training und im Wettkampf steigern. Die verbreitete Angst vieler Ausdauerathleten, nicht beweglich genug für Yoga zu sein, ist indes grundlos: Yoga eignet sich für Einsteiger jeden Levels und kann gerade für Sportler mit einer verkürzten Muskulatur geradezu Wunder wirken.

Richtige Körperwahrnehmung

Ein jeder kennt den Aha-Effekt nach der Schwimm- oder Lauf-Videoanalyse, die enthüllt, dass die eigene Körperwahrnehmung nicht immer mit dem Videobild übereinstimmt. Vor allem im Triathlon-Sport ist neben dem umfangreichen Training in den drei Sportarten sowie beim Kraft- und Stabilisationstraining häufig wenig Zeit, gezielt auf die Verbesserung des Körpergefühls einzugehen. Experten im Ausdauersport sind sich längst einig, dass die Propriozeption, also die Wahrnehmung und Kontrolle des Körpers im Raum, die Basis für eine saubere Technik und damit der Grundstein für eine herausragende Leistung ist. Spüren zu können, ob der Fuß beim Laufschritt sauber aufsetzt und ob die Stellung der Hüfte neutral ist, ist die Voraussetzung dafür, Bewegungsabläufe zu antizipieren und Muskeln zielgerichtet zu aktivieren. Yoga verbessert das Körperbewusstsein und kann so zu einer Optimierung der Bewegungsausführung beitragen. Auch minimale Bewegungen und subtile Signale werden durch die bewusste Körperarbeit im Yoga wahrgenommen. Ineffektive Bewegungsmuster durch muskuläre Dysbalancen oder ein hoher Muskeltonus können so aufgelöst werden.

Stabilität durch neue Reize

Die Wasserlage beim Schwimmen, die Liegeposition auf der Zeitfahrmaschine und die Körperhaltung beim Laufen erfordern dieselbe Qualität: Stabilität und Kraft von Zehen bis zu den Schultern. Die Vielzahl an kräftigenden Yogaübungen (Asanas) bietet neue Reize und Ideen für das Kraft- und Stabilisationstraining. Balanceübungen und stehende Haltungen kommen im Yoga besondere Aufmerksamkeit zu: so werden Fuß-, Bein- und Hüftmuskulatur mit neuen Impulsen angesprochen. In Positionen wie der „Krieger“ wird Schritt für Schritt an der Beinkraft gearbeitet. Klassische Probleme wie das Läuferknie können über die Arbeit mit mehreren Muskelpartien in jeder Asana effizient bearbeitet werden. Ein weiterer Fokus kommt zahlreichen Übungsformen zu, die den Core-Bereich stärken. Verschiedene Asanas, die auf Varianten des Bank- oder Seitstützes basieren, fügen dem Rumpfstabilisationstraining ein weiteres Momentum hinzu. Yogaschüler aus dem Triathlonsport sind in der Regel überrascht, welche zuvor nie aktiv eingesetzte Muskulatur sie in einer Yogastunde kennenlernen.

Höhere Beweglichkeit

Flexibilität und Beweglichkeit sind sicherlich der Hauptgrund für Ausdauerathleten, sich dem Yoga zu widmen. Sowohl strukturelle Verkürzungen als auch hypertone Längenminderungen der Muskulatur können mit Yoga verbessert werden. Durch eine regelmäßige Yogapraxis wird die Bewegungsamplitude deutlich verbessert. Eine Unterscheidungsmöglichkeit der Dehnformen in der Sportwissenschaft umfasst die statische und dynamische Dehnung. Während dynamische Dehnungen vor allem im fließenden Vinyasa-Yoga praktiziert werden, finden statische dehnungen in allen Yogaformen Eingang. Wie auch im Bereich des Kraftaufbaus bietet Yoga neue zielgerichtete Übungen, um die Beweglichkeit nachhaltig zu steigern.

Meditation und Atemübungen

Das bewusste Wahrnehmen von Anspannung und Entspannung ist die Voraussetzung dafür, loslassen zu können. Nicht nur die körperliche, sondern auch die geistige Wahrnehmung wir im Yoga geschult. Jede Yogastunde enthält wenigstens einige Augenblicke des bewussten Atmens und Stillwerdens. In der yogischen Atmung werden in tiefen Atemzügen sämtliche Atemräume der Lunge genutzt. Durch die reduzierte Atemfrequenz erhöht sich die Carbondioxid-Konzentration im Blut. Dies führt dazu, dass im Gehirn eine Vasodilatation, also eine Erweiterung der Gefäße, erfolgt und somit mehr Sauerstoff im Gehirn zur Verfügung steht. Eine ruhige Wachheit und ein Zustand des Bewusstseins sind die Folge und können für das mentale Training sowie die unmittelbare Wettkampfvorbereitung genutzt werden. In Yogastunden werden verschiedene Formen von Atemübungen vermittelt. Yoga inkorporiert darüber hinaus in körperlichen Übungen und Meditationsübungen Elemente der Achtsamkeit. In standardisierte Bewegungsabläufe wird eine neue Qualität der Wachsamkeit eingebracht, von der im Wettkampf profitiert werden kann. Sowohl im Alltag als auch im Wettkampfkontext werden Sportler von der Fähigkeit profitieren, sich auf die wichtigen Dinge fokussieren, aber auch loslassen zu können.

Yoga kann ihr Training bereichern. Neben einer ausgleichenden und gesundheitsfördernden Qualität sollte Yoga aber vor allem eines vermitteln: Spaß an der Bewegung und an dem eigenen Körper!

Quelle: „tritime-Magazin, Ausgabe 01/2015, Seite 68 bis 70

Andreas Bundels