Ein Bericht von Peter Reichardt
Himmel und Meer, Dünen und Reet, Strandkörbe und Ferienglück – daran denken die meisten, wenn es um Sylt geht. Die Insel gilt als Ferieninsel der Deutschen schlechthin. Als Eiland der Reichen und Schönen, aber auch der Familien und Gesundheitsapostel. Rund 12.000 Strandkörbe gibt es auf der Insel, 49.000 Gästebetten stehen in den Sommermonaten zur Verfügung. Den 20.000 Syltern stehen jährlich 657.000 Besucher gegenüber. Mit 98 Quadratkilometer ist Sylt die größte deutsche Nordseeinsel. Geografisch auf der gleichen Höhe wie die englische Stadt Newcastle, die sibirische Stadt Omsk und der Südzipfel Alaskas. Rund 70 Prozent der Gesamtfläche Sylts stehen unter Naturschutz. Doch was macht die Faszination Sylt aus? Das so genannte Sylt-Phänomen nährt sich nicht nur aus Strandidylle, Wind und Wellen. Jeder Gast findet sein eigenes Highlight, seien es die Reetdächer, shoppen in der Hauptstadt Westerland oder vielleicht… per Pedes…..durch Sylt.
Der Syltlauf wurde in diesem Jahr zum 34. Mal ausgetragen und ist eine Institution mit einigen Kuriositäten. Das fängt mit der Anmeldung an. Ist es mittlerweile üblich, sich für alle Läufe über das Internet anzumelden, so ist dies beim Syltlauf nicht möglich. Hier muss der teilnahmewillige Läufer rechtzeitig eine Meldekarte per Post an den SV Tinnum senden. Nach Posteingang werden die Meldungen dann abgearbeitet, bis die ca. 1.000 Einzelstartplätze vergriffen sind. Gehört man nun zu den Glücklichen, denen ein Einzelstartrecht gewährt wurde, so bekommt man ungefähr im November eine Postkarte mit Syltmotiv vom SV Tinnum. Auf deren Rückseite ist ein Stempel in dem per Hand die Startnummer eingetragen ist. Diese Karte sollte nicht verlegt werden, da eigentlich nur mit eben dieser Karte die Startunterlagen abgeholt werden können.
Am 15. März war es dann soweit: Mit Sonderbussen wurden wir von Westerland nach Hörnum im Süden der Insel gebracht. Im dortigen „Fünf-Städte-Heim“ konnten wir uns umziehen. Für die Taschen mit der Wechselkleidung stehen zwei Busse bereit. Am Start gab es vorab noch einmal nützliche Hinweise: Der Syltlauf ist kein „Wellnesslauf“, sondern wegen des Windes eine Herausforderung. „Lauft bis Wenningstedt mit angezogener Handbremse und gebt erst auf den letzten drei Kilometern alles“, so der Veranstalter-Tipp. Jetzt haben wir nur Windstärke 3, für die Sylter also ein laues Lüftchen. Erst später wird der Wind auffrischen. Wir haben im Ziel schon gestandene Marathonläufer vor Anstrengung, nicht vor Heimweh weinen sehen“. Das kann ja heiter werden! In der Tat hat der Wettergott, hier vermutlich in Gestalt des Inselgottes Nekkepenn, ein Einsehen: Kurz vor dem Start brach tatsächlich die Sonne durch die Wolken – klasse! Pünktlich um 10 Uhr erfolgte dann der Start und 1.401 Läufer, aufgeteilt in 953 Einzelläufer und 56 Staffeln, wurden vom Meeresgott Ekke Nekkepenn auf die 33,333 Kilometer lange Strecke nach List geschickt.
Nach 9 Kilometern erreichten wir Rantum mit der ersten von insgesamt 4 Trinkstationen auf der Strecke. Es gab Wasser und Gatorade. In Rantum galt als verbindliches Zeitlimit 11 Uhr. An der Jugendherberge „Dikjen Deel“ vorbei, wo wir von Armin, Birte`s Familie und Erik Jungjohann mit Jubel und Fotoapparat begrüßt wurden, ging es nach Westerland. Hier standen hunderte Menschen, unter anderem auch wieder Armin und feuerte uns an.
Bei Kilometer 16 war die Strandmuschel erreicht und es gab wieder etwas zu trinken sowie ein Bananenstück. Wenningstedt war das nächste Ziel. Hier gab es zum ersten Mal einen kleinen „Berg“ zu überwinden. Der Dorfteich und die Friesenkapelle wurden passiert, dann der wieder strikt nach Norden führende Radweg erreicht. Auf der ehemaligen Trasse der Inselbahn blies der Wind seitwärts und direkt von vorn. Ostwind, während die Insel hier nach Nordnordost zieht, bedeutet quasi Gegenwind und den versprochenen „Kampf mit den Elementen“. Hinter Kampen mit vielen schönen reetgedeckten Häusern, kamen zum Gegenwind noch lange Steigungen und Gefälle hinzu. Es ging mehrfach zwar sanft, aber ausdauernd die Dünen auf- und abwärts. Hier ohne jede Straßengeräusche, sozusagen einsam durch die Dünen zu laufen, ist ein weiterer Höhepunkt des Syltlaufs, den allerdings manche Läufer nicht mehr als attraktiv, sondern nur noch als anstrengend erlebten und so sahen wir immer mehr Läufer zu Fußgängern mutieren.
Nach der letzten Verpflegungsstelle bei km 28 wurde es noch härter, denn jetzt ging der Weg noch mehr nach Osten, also voll in den Wind. Noch einmal querten wir die Hauptstraße und liefen dann mit einem leichten Rechtsbogen abwärts, zum erst im letzten Moment in den Blick kommenden, aber längst „hörbaren“ Ziel. Jeder Finisher wurde mit Namen begrüßt, und alle Läuferinnen erhielten eine Rose. In den Räumen der Grundschule gab es eine Medaille, heiße Brühe, Wasser, Gatorade, warmen Tee und reichlich Bananen. Nach kurzer Pause bestiegen wir den Shuttle-Bus und fuhren in die „Sylter Welle” in Westerland. Dort genossenen wir das warme Meerwasser mit den Wasserdüsen, die wir als willkommene Massage äußerst erfolgreich für unsere müden Beine nutzten.